Gedenkbuch für jüdische Bürger (Auszug)


Die Biografien der nachstehenden Namensliste können in einem → Gedenkbuch für jüdische Bürger im Archiv des Museum Lichtenberg nachgelesen werden. Das Nachschlagewerk beinhaltet Kurzbiografien von jüdischen Berlinern, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in den heutigen Bezirksgrenzen Lichtenbergs gelebt haben, und die der Verfolgung und Ermordung im Nationalsozialismus zum Opfer fielen.

Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten begannen auch die gesetzlich verankerten Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland. Nach und nach wurden ihnen alle Bürger- und Menschenrechte abgesprochen. Nur wenigen jüdischen Lichtenbergern gelang die Emigration ins Ausland, wie z.B. nach Schanghai, in die USA, nach England, nach Australien oder in die lateinamerikanischen Staaten. Diejenigen, die nach Frankreich, Belgien oder in die Niederlande geflohen waren, fielen nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die jeweiligen Länder wieder in die Hände ihrer Verfolger.

Die in Lichtenberg verblieben Juden wurden neben den zahlreichen Alltagsschikanen und diskriminierenden Maßnahmen, die sie erleiden mussten, unter anderen dazu gezwungen ihre Wohnungen und Häuser zu verlassen. Entweder wurden sie zur Untermiete in die Wohnungen anderer Juden einquartiert oder sie mussten in so genannte „Judenhäuser“ ziehen, wo sie auf engstem Raum mit anderen jüdischen Familien zusammenwohnten. In Berlin-Lichtenberg befanden sich solche Häuser vor allem im Ortsteil Karlshorst, wie z. B. in der Fürstenbergallee 9 (heute Sangeallee) und in der Rheingoldstraße 4. Im November 1938 wurden jüdische Schüler aus den allgemeinen Schulen ausgeschlossen. Sie mussten von nun an jüdische Schulen besuchen. Viele Juden durften ihre erlernten Berufe nicht mehr ausüben und mussten statt dessen Zwangsarbeit leisten, bis sie oftmals von Sammellagern in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden. Ein solches Sammellager befand sich zum Beispiel in der Großen Hamburger Straße 26 in Berlin-Mitte. Nachdem die jüdische Schule in der Großen Hamburger Straße 27 im Juni 1942 geschlossen wurde und für einige Monate als Sammellager diente, musste wenig später auch das jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 einem von der Gestapo organisierten so genannten Judenlager weichen, in dem viele jüdische Lichtenberger vor der Verschleppung zusammengepfercht wurden. Kurz vor der Deportation mussten sie die so genannte „Vermögenserklärung“ ausfüllen, in der sie das ihnen verbliebene Hab und Gut genauestens auflisten sollten, welches per Erlass an den Staat fiel. Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung Lichtenbergs wurde in das Sammel- und Durchgangslager Theresienstadt, in die Gettos Litzmannstadt (Lodz) und Riga, in das Zwangarbeitslager Trawniki, in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau, Mauthausen, Sachsenhausen, Stutthof und Groß-Rosen und in die Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka, Majdanek und Minsk deportiert. In Lichtenberg selber befand sich das so genannte „Arbeitserziehungslager Wuhlheide“, in dem die Menschen ähnlichen Bedingungen, wie in den Konzentrationslagern ausgesetzt waren. All diese Lager dienten dem Zweck die jüdische Bevölkerung zu vernichten. Viele der Verschleppten mussten dort ihr Leben lassen, nur wenige überlebten.

Diejenigen Juden, die mit nicht-jüdischen Partnern verheiratet waren, hatten eine größere Chance der Vernichtung zu entgehen. Trennte sich jedoch der nicht-jüdische Partner von ihnen, waren auch sie der uneingeschränkten Verfolgung ausgesetzt.

Einige Juden versuchten der Deportation zu entkommen indem sie untertauchten. Sie versteckten sich teilweise mit Hilfe von befreundeten oder bekannten Lichtenbergern, die damit auch ihr eigenes Leben in Gefahr brachten. Durch den Mut dieser Menschen gelang es einigen wenigen Juden den Holocaust zu überleben. Leider zeigten nicht viele Lichtenberger solche Zivilcourage.

Die zum Teil sehr kurzen Biografien verdeutlichen, wie wenig über die jüdische Bevölkerung Lichtenbergs überliefert ist. Damit die Namen und das Schicksal dieser Menschen nicht in Vergessenheit geraten, ist es um so wichtiger zumindest die wenigen biografischen Informationen, die vorhanden sind, zu veröffentlichen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann dabei nicht erhoben werden. Die Kurzbiografien sollen dazu anregen den Ursachen und Erscheinungsformen der NS-Herrschaft nachzuspüren um aus der Geschichte zu lernen.

Lydia Dollmann (Museum Lichtenberg, 2006)

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