Infos zur Ausstellung finden Sie → hier.
Bilder von den Veranstaltungen und weitere Infos gibts auf → facebook.
Es sprechen:
Ulike Poppe, Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur
Dr. Dirk Moldt, Kurator der Ausstellung, Historiker
Musik: Sinti - Swing - Berlin
Das Ende der SED-Herrschaft vor 25 Jahren erlebten viele Jugendliche als Befreiung von Vormundschaft und Gängelung. Aus diesem Anlass wendet sich das Museum Lichtenberg der Zeit zwischen Mauerbau und -fall zu und zeigt anhand von Foto-, Film- und Tonzeugnissen verschiedene Arten alltäglicher sozialer und politischer Jugendkultur, die im Widerspruch zu den Vorstellungen der offiziellen DDR-Jugendpolitik standen und nicht selten Anlass für Argwohn, Ablehnung und sogar Verfolgung waren.
Freitag, 31. Oktober 2014, 19 Uhr, Gespräch
Der NAPF war ein von seinen Mitgliedern eigenverantwortlich getragenes Kulturprojekt und ein Ort individueller, subkultureller und staatskritischer Selbstverwirklichung. Ungewöhnlich war schon der Start im Oktober 1981: die Besetzung einer leerstehenden Drogerie in der Pfarrstraße 139. Die Weigerung seiner Gründer und Mitarbeiter, die übliche ideologische Einflussnahme in Freizeiteinrichtungen zu akzeptieren, machte den NAPF zu einem einmaligen Jugendtreff in der DDR-Hauptstadt. Hilmar Misch, Akteur und Gründer des Klubs, erinnert an das außergewöhnliche Projekt.
Freitag, 7. November 2014, 18 Uhr, Vortrag
Vortrag von Detlef Krenz, Historiker
Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern aufgegriffen wurden, kamen zunächst in sogenannten Übergangsheimen unter, aber auch Jugendliche, die aufgrund ihres Verhaltens auffielen und einer „sozialistischen Erziehung“ zugeführt werden sollten. Für die einen Obdach und Zuhause, waren Übergangsheime für andere der Beginn einer qualvollen Zeit, ja der Start in eine kriminelle Karriere.
Detlef Krenz hat sich viele Jahre mit dem Geschehen in Stralau befasst und stellt das System der „Umerziehung“ und Verwahrung der DDR-Jugendhilfe vor, das dem Ministerium für Volksbildung direkt unterstellt war.
28. und 29. November 2014
Alte Feuerwache, Berlin Friedrichshain
In der DDR war die Erlöser-Kirche Jahrzehnte lang ein Ort, an dem sich unangepasste Jugendliche treffen konnten. Platzgruppen, Hippies, Blueser oder Punks fanden einen geschützten Raum, den ihnen das DDR-Regime vorenthielt, wo sie ihre Kultur leben konnten, für die im SED-Staat kein Platz war. Gerade auch in den Räumen der Lichtenberger Erlöserkirche wurden die ersten frisch ausgebildeten DDR-Streetworker mit neuen Konzepten aktiv.
Diese kirchliche Jugendarbeit, wie auch die an anderen Orten in der DDR wird Schwerpunkt einer Tagung sein, in der das Spektrum unterschiedlicher Formen der staatsfernen Jugendarbeit in der evangelischen Kirche der DDR aufgezeigt werden soll. Wie gelang es, eine in der Retrospektive fast ausnahmslos positiv beurteilte kontinuierliche Arbeit unter den Bedingungen der Diktatur ausprägen? Welche Konzepte lagen dafür zugrunde? Veranstaltungen, wie die Blues-Messen oder die Frühlingsfeste der Punks, die bei staatlichen Stellen für enormes Aufsehen sorgten und mitunter harsche Reaktionen bei den Sicherheitskräften hervorriefen, erschienen wie farbige Blüten von Netzwerken, die eher unter der Oberfläche geknüpft waren und an denen viele Menschen teil hatten. Gerade auch diese Netzwerk müssen als Gestaltungskonzepte benannt, beschrieben und gewürdigt werden.
Hierfür wird am 28. November 2014 eine Tagung stattfinden. Sie soll Interessenten und Studierende der Sozialarbeit dazu ermutigen, kirchliche Jugendarbeit in der DDR nicht ausschließlich in die „Schubladen“ Kirche und DDR-Opposition abzutun, sondern auch als einen Fundus angewandter Jugendarbeit mit eigenen Konzepten, Verhaltensweisen und Erfahrungen anzusehen, von dem auch sie in ihrer zukünftigen Berufstätigkeit profitieren können. Die Tagung hat eine wissenschaftlichen Zugang, gibt aber auch Zeitzeugen die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Unser Wunsch ist es, Menschen, die einen reichen Erfahrungsschatz in der Jugendarbeit haben, mit jungen Interessierten zusammenbringen. Dadurch erhoffen wir neue Einsichten und wichtige Impulse für die Erforschung, Aufarbeitung und Dokumentation staatsferner Jugendarbeit mit gesellschaftlichen Randgruppen.
Veranstalter:
Paul Gerhardt Gemeinde Lichtenberg
Dr. Dirk Moldt
Steffen Maria Strietzel
zeit.zeiger e.V.
Zum Programm: www.zeitzeiger-berlin.de
Donnerstag, 18. Dezember 2014, 19 Uhr, Konzert
Das Pro-Fi-Haus in der Erlöser-Gemeinde
Das Professor-Fischer-Haus war ein Gebäuderest, ein Keller auf dem Kirchengelände, in dem seit den 1960er Jahren Jugendarbeit stattfand. Er wurde auch Pro-Fi-Keller oder Leichenkeller genannt. Nachdem die Punks aus der Friedrichshainer Pfingst-Gemeinde verdrängt worden waren, konnten sie sich ab 1983 hier treffen. Auf dem Erlöser-Gelände fanden auch 1988-1990 die legendären Punkfestivals FRÜHLINGSFESTE statt.
Am historischen Ort werden Punk-Bands noch einmal die Atmosphäre von damals auferstehen lassen. Eine von ihnen ist ZERFALL.
Hier kann man reinhören: → ZERFALL live in der Galilea-Kirche ca. 1984 und ein Interview
Donnerstag, 29. Januar 2015, 19 Uhr: Zeitzeugengespräch
Zeitzeugengespräch mit Thomas Klein
Moderation Dr. Dirk Moldt
Zu den aktivsten Friedenskreisen, die sich für politische und wirtschaftliche Veränderungen in der DDR einsetzen, gehörte der Friedenskreis Friedrichsfelde, der in der Gemeinde Alt-Friedrichsfelde aktiv wurde und die Zeitschrift: Friedrichsfelder Feuermelder heraus gab. Seine Mitstreiter setzten sich u.a. konsequent für die Gorbatschow-Politik Glasnost und Perestroika ein.
Am 29.01.2015 stellen der Kurator der Ausstellung Dr. Dirk Moldt und Thomas Klein als Zeitzeuge die Arbeit des Friedenskreises vor.
Mittwoch, 18. Februar 2015, 19 Uhr: Lesung
Lesung mit Silke Kettelhake
Autorin des 2014 im Osburg Verlag erschienenen Buches
Rostock, Mai 1968: »Wir saßen hier fest. We’re not going to San Francisco, some flowers in our hair.« Während in Paris, West-Berlin, Warschau die Straßen brannten, waren Sonja und ihre Freunde als Gammler verschrien, gefangen in alltäglicher Repression im Niemandsland der Auflagen und Verbote. Sie waren im Visier von Volkspolizei und Stasi. Nach der Verhaftung die Strafe: geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Über ihre Erlebnisse dort durfte und konnte Sonja Rachow lange nicht sprechen. Ihre persönliche Befreiung erlebte sie erst durch die Revolution 1989, als sie im Neuen Forum aktiv wurde.
Über die Autorin: Silke Kettelhake, langjährige Filmredakteurin im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung, arbeitet als Autorin und Journalistin. 2008 erzählte sie für den Droemer Verlag die Lebensgeschichte von Libertas Schulze-Boysen und ihren Freundinnen und Freunden der „Roten Kapelle“. 2010 erschien im Osburg Verlag ihre Biografie über die Mutter des Berliner Bären, die Künstlerin Renée Sintenis. 2012 veröffentlichte Silke Kettelhake mit „Mutter Corsage“ an einer Miederwarenverkäuferin angelehnte Zeit- und Emanzipationsgeschichte. Mit Sonja: „negativ-dekadent“ (erschienen im März 2014) erzählt Kettelhake wiederum ein Frauenleben in beklemmender und zugleich befreiender Intensität.
Donnerstag, 12. März 2015, 19.30 Uhr: Gespräch und Lesung mit Sabine Rennefanz
Unter dem Titel „Unsere Kinder“ wird Sabine Rennefanz am 12. März 2015 um 19:30 Uhr über den Radikalismus von Jugendlichen in der Zeit nach dem Verschwinden der DDR reden.
Die Buchautorin und Redakteurin der „Berliner Zeitung geht in ihrem Buch „Eisenkinder - Die Stille Wut der Wendegeneration“ der Frage nach, was junge Menschen radikalisiert und sich gegen eine Gesellschaft auflehnen lässt, in die sie hinein geboren werden. Der gleichen Altersgruppe wie das Neonazi – Trio „NSU“ angehörig, suchte sie nach einem anderen, nicht minder polarisierenden Weg persönlichen Widersetzens. So stellt ihre Publikation auch die Frage danach, wie Jugendliche für radikale Ideen empfänglich werden oder was sie fort vom gesellschaftlichen Konsens treiben kann.
Donnerstag, 16. April 2015, 19 Uhr: Vortrag
Vortrag von Detlef Krenz
Der Tunnel im Bahnhof Lichtenberg war in den 1960er Jahren Treffpunkt von Jugendlichen und wurde zu einem Politikum. Das Auftreten und Aussehen der „Gammler“ provozierte nicht nur die traditionellen Auffassungen der Bürger, auch die Sicherheitsorgane und politisch „Wachsame“ nahem Anstoß. Sie sahen in dem Auftreten eine Staatsgefährdung, zumal die Jugendlichen laut „Westmusik“ hörten, ungewöhnlich gekleidet waren oder durch ihre bloße Anwesenheit und ihr nichts Tun zum Widerspruch herausforderten. Während im Zentrum von Westberlin empörte Bürger in gleicher Situation die Polizei vergeblich zum Handeln gegen die „Gammler“ aufforderten, bewirkte die Provokation in Lichtenberg und anderen Teilen der Hauptstadt der DDR das Einschreiten der Sicherheitsorgane.
Unter dem Vorwurf der „Zusammenrottung“„ und des Betreibens „imperialistische Hetze“ wurden nicht wenige der jungen Menschen polizei- und geheimdienstlich erfasst und in polizeiliches Gewahrsam genommen. Die Presse verunglimpfte ihr Verhalten aus Ausdruck „westlicher Dekadenz“ und stigmatisierte sie zu „arbeitsscheuen und asozialen Elementen“. Einer ihrer „Anführer“ wurde in das Jugendarbeitslager Rüdersdorf gebracht und kam nach einer U-Haft gesundheitlich geschädigt in ein Krankenhaus, wo er verstarb. Der Umgang mit den Jugendlichen vom Lichtenberger Tunnel zeigt noch heute die restriktive Haltung von Verantwortungsträgern in der DDR gegenüber Menschen, die nicht in die lebensferne und von kleingeistigem Denken bestimmte Ideologie passten. Auch wenn sich bis 1989 ein Umgang solcher Art mit jungen Menschen veränderte, blieben Sanktionen gegenüber anders denkenden und lebenden Menschen bis zu Untergang der DDR fester Bestandteil von Politik und Rechtsprechung.
Zum Foto: Jugendliche im Ostberliner Straßenbild der 1960 Jahre, Foto: BStU
Freitag, 24. April 2015, 14 Uhr: Ausstellungseröffnung
Eine Ausstellung von Miroslav Kasáček und Luděk Navara (Verein Pamět, Tschechische Republik)
Freitag, 24. April 2015, 18 Uhr: Konzert auf dem Gelände der Erlöserkirche
Zum musikalischen Abschluss der Ausstellung „Widerspenstig und widerständig – Jugendkultur in Lichtenberg 1960-1990“ spielen in einem gemeinsamen Konzert zwei Blues Bands und ihre Gäste an einem historischen Ort – dem Gelände der Erlöserkirche Berlin Rummelsburg.
Neben den Blues-Messen in der Samariterkirche war die auch Erlöserkirche in den DDR-Jahren ein Treff von Bluesfans und Veranstaltungsort von vielen Blueskonzerten. Diese Musik galt vielen Beteiligten und ihren „Beobachtern“ als Ausdruck kulturellen und politischen Widerstandes. Die Monokel Blues Band hatte in der DDR nicht nur unter Liebhabern des Blues Kultstatus. Der heutige Bandleader und Namensgeber von Speiches Monokel Blues Band, Jörg Schütze, ist in der Musikszene seit Jahrzehnten aktiv und eine unumstrittene Größe des Bluesrock. Auftritte in Lichtenberg hatte er schon 1964 mit dem Diana Show Quintett um Achim Menzel vor dem Rathaus Lichtenberg und mit Max Ansin von Sinti Swing Berlin.
Bluesmesse in der Erlöserkirche
Die Prager Band „The Primitves“ um den Bandchef Ivan Hajnis spielte bereits in der in der Zeit des Prager Frühlings eine herausragende Rolle. Ihre und die Musik vieler anderer Bands machten Prag zu einem Anziehungspunkt experimenteller und unabhängiger Musik. Mit der künstlerischen Provokation ging zur damaligen Zeit auch eine politische einher, die letztlich mit dem Einschreiten der Warschauer Vertragsarmeen und mit politischer Gewalt unterdrückt wurde.
Ebenfalls am 24.04.2015 sind im Museum Lichtenberg in Zusammenarbeit mit Tschechischen Partner ein Workshop und eine Ausstellung geplant. Ihr Thema sind die politischen Verhältnisse in der CSSR nach 1968 und die Fluchten von DDR Bürgern über die tschechische Grenze in die Bundesrepublik Deutschland.
Die Veranstaltungen werden unterstützt vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond und der ev. Paul Gerhardt Kirchengemeinde.
Veranstaltungsort: Gelände der Erlöser-Kirchgemeinde, Nöldnerstraße 43, 10317 Berlin.
Mittwoch, 20. Mai 2015, 19 Uhr: Film und Gespräch
Der Film gibt einen Rückblick darauf, wie die DDR-Gesellschaft auf Schwule und Lesben reagierte. Die Veranstaltung greift das Thema der Sonderausstellung "Widerspenstig und widerständig" auf und wendet sich der Diskriminierung und Marginalisierung aber auch der Politisierung von homosexuellen Aktivistinnen und Aktivisten zu. Eingeladen zum anschließenden Podiumsgespräch sind Dr. Marina Krug, Protagonistin und Zeitzeugin des Films, Andreas Strohfeldt, Co-Autor und Regisseur. Moderiert wird das Gespräch von dem Autor Michael Sollorz.
← zurück zur Übersicht »Veranstaltungen zu Personen«