Freitag, 22.04.2016, 19 Uhr | Ausstellungseröffnung
Ausstellung: 24. April – 25. September 2016, Museum Lichtenberg im Stadthaus
1847 fiel die Entscheidung, das alte, chronisch überbelegte Friedrichs-Waisenhaus in der Stralauer Straße vor die Tore Berlins zu verlegen. Berlin zeigte sich von seiner großzügigen Seite, als 1859 auf einem parkähnlichen Gelände am Rummelsburger See 500 Waisenkinder ein neues Zuhause fanden.
Mit modernen Erziehungsmethoden sollten sie ausgebildet und auf ein eigenständiges und würdiges Leben vorbereitet werden. Zeitzeugnisse zollen der Anstalt Anerkennung. Doch täuschen archäologische Funde nicht darüber hinweg, dass die Lebensverhältnisse des 19. Jahrhunderts bei den schwächsten Gliedern der Gesellschaft unverkennbare Spuren hinterließen. Die Anthropologin Jeanette Wnuk stellt mit der Ausstellung auch die Ergebnisse von Untersuchungen vor, die sie 2013 auf dem Waisenhausfriedhof an der Lichtenberger Hauptstraße zusammen trug. Mit ihnen können neue Einblicke in das Leben städtischer Armut an der Schwelle zum 20. Jahrhundert gewährt werden.
Programm der Ausstellungseröffnung
Begrüßung
Kerstin Beurich, Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur, Soziales und Sport
Einführung in die Ausstellung
Dr. Thomas Thiele, Museumsleiter
Musik
Ithay Khen (Cello)
Mittwoch, 11.05.2016, 19 Uhr | Vortrag
mit Dr. Dirk Moldt
Die Geschichte der Waisenfürsorge in Berlin unterschied sich nicht bedeutend von der anderer Orte Deutschlands. Seit dem Mittelalter wurde sie als Teil der öffentlichen Armenfürsorge angesehen, die im Laufe der Jahrhunderte eine wechselhafte Entwicklung durchmachte. Mit der Einrichtung des Friedrichs-Waisenhauses in Rummelsburg zwischen 1847 und 1859 wurden hingegen neue Maßstäbe gesetzt. Der Vortrag nennt einige Stationen des Berliner Waisenfürsorge und ordnet sie in ihre Zeit ein.
Bild: Altes Friedrichs-Waisenhaus an der Stralauer Straße, © Museum Lichtenberg
Mittwoch, 25.05.2016, 19 Uhr | Vortrag
mit Jeannette Wnuk
Die Kuratorin der Ausstellung zur Geschichte des Friedrichs-Waisenhaus und Autorin der Begleitpublikation stellt Ergebnisse ihrer anthropologischen Untersuchungen auf dem Waisenhausfriedhof vor. Bedingt durch die sehr eingeschränkte schriftliche und bildhafte Quellenlage wird es so möglich, anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse, ein Bild von der Situation der in Rummelsburg untergebrachten Waisen zu rekonstruieren.
Foto: © Archäo Kontrakt
Mittwoch, 08.06.2016, 19 Uhr | Lesung
mit der Autorin Caroline Flüh
Die Autrin des beliebten Kinderbuches geht mit uns und ihren literarischen Heldinnen Leonie und Emma auf eine Zeitriese. So finden wir uns im Militärwaisenhaus Potsdam wieder, wo deren Bewohner Johann und Georg vom schwerem Leben der Waisenkinder im 18. Jahrhundert erzählen. Neben der spannenden Geschichte werden die Verhältnisse in der Waisenfürsorge in Preußen sichtbar. Die Errichtung des Rummelsburger Waisenhauses sollte sie abschaffen oder lindern helfen, denn das Schicksal von Waisen ist unter jeden Umständen kein leichtes. Es gibt nur wenige authentische Zeugnisse dieses Lebens aus dieser frühen Zeit. So wird das Kinderbuch von Caroline Flüh eine literarische Annäherung.
Mittwoch, 22.06.2016, 19 Uhr | Vortrag
mit Renate Patzschke
Die Veräußerung einer Fläche an der Hauptstraße 8 brachte 2011/12 das Erfordernis mit sich, das Areal vor seiner Bebauung archäologisch zu untersuchen. Grund war das Wissen um die Nutzung dieser Fläche als Waisenhausfriedhof. Offiziell war er bis 1896 auch der Begräbnispaltz für das ehemaligen Arbeitshaus Rummelburg. Danach fanden die Bestattungen auf dem Friedhof Marzahn statt. In den Dreißiger Jahren noch Friedhofspark, wurde mit der Errichtung des Gefängnisses Rummelsburg nach 1952 der Friedhof als Garagenhof genutzt und mit Beton versiegelt. Erst mit dem Verkauf rückte der Friedhof wieder als Flächendenkmal in das Bewusstsein. Bei der Berührung archäologisch bedeutsamer Bereiche wie diesem tritt die Firma Archäo Kontrakt Berlin- und Bundesweit in Erscheinung. Sie führt sowohl Erkundungen als auch Erschließungen aus. Die in Berlin Wannsee ansässige Firma wird von Dr. Renate Patzschke geleitete. In ihrem Vortrag stellt sie die Ergebnisse der Erschließungsarbeiten in Rummelsburg vor.
Mittwoch, 06.07.2016, 19 Uhr | Zeitzeugengespräch
mit Friedrich Winkler
Zu Besuch im Museum ist Friedrich Winkler, der selbst einmal als Junge im Waisenhaus Rummelsburg untergebracht war. Im Gespräch wird nicht nur an die Lebensverhältnisse in der einst als mustergültig angesehenen Einrichtung erinnert. Auch die persönlichen Erinnerungen an die heftigen Umbrüche des 20. Jahrhunderts werden ein Thema sein.
Bild: A. Zimmermann Deutsche Illuistrierte Zeitung 11/1884
Dienstag, 12.07.2016, 19 Uhr
Ort: An den Knabenhäusern 10, 10317 Berlin, Rückseite, am Bolleufer
Es spricht Dr. Thomas Thiele (Museumsleitung)
Musik: Burkhardt Schmidt (Saxophon)
Die großzügige Anlage des Stadtbaurates Gustav Holzmann entstand 1859 auf Beschluss des Berliner Magistrats. Das Friedrichs Waisenhaus Rummelsburg ersetzte für 500 Kinder die beengten Bedingungen des alten Großen Friedrichs Waisenhauses am Mühlendamm. Der damaligen Zeit nach hervorragende hygienische und medizinische Bedingungen sorgten für das körperliche Wohl, ein Erziehungskonzept für gute Betreuung und Ausbildung.
Nur zwei Gebäude des bis 1953 existierenden Waisenhauses Rummelsburg haben die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges überstanden.
Mittwoch, 20.07.2016, 19 Uhr | Lesung
mit Brigitte M. Lange
Adolf Linke wächst im Arbeitermilieu des sich rasant entwickelnden Berlin auf. Durch den frühen Tod der Mutter und den am Alkohol zu Grunde gehenden Vater teilt er das Schicksal vieler Kinder der Unterschicht. Zunächst in Pflegefamilien untergebracht, lebt er von 1890–92 im Rummelsburger Waisenhaus. Rückblickend war es für ihn eine Zeit in Fürsorge und Ordnung, ehe er durch die Unruhe und Gewalt des 20. Jahrhunderts getrieben wird. Brigitte M. Lange stellt die im ReDiRoma-Verlag erschienenen Lebenserinnerungen ihres Großvaters vor.
Bild: © DiRoMa-Verlag
Mittwoch, 21.09.2016, 19 Uhr | Vortrag
mit Dr. Karin Wagner, Landesdenkmalamt Berlin, Leiterin für Gartendenkmalpflege und Archäologie
Immer mehr Bodendenkmale werden durch die Bebauung der Stadt aus dem Gesichtsfeld der heutigen und kommenden Generationen verdrängt. Bei Erschließungsarbeiten treten Spuren der Vergangenheit für kurze Zeit zutage. Sie müssen dokumentiert und wenigstens auf diese Weise für die Zukunft bewahrt werden. So auch geschehen mit dem ehemaligen Fredhof an der Rummelsburger Hauptstraße und dem Friedhof Rummelsburg an der Boxhagener Straße. Dr. Karin Wagner ist für diese und andere Bodendenkmale in ganz Berlin die verantwortliche Archäologin. Vor welchen Aufgaben sie und damit die Denkmalpflege stehen, wird in dieser letzten, die Ausstellung „Aufs Angenehmste enttäuscht“ begleitenden Veranstaltung vorgestellt.
Foto: © Archäo Kontrakt
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