Objekt des Monats Juli
Eine Welt ohne künstlich erzeugte Bilder, ohne Foto, Film, TV, Video und nunmehr auf Smartphones projektierbare Bildnachrichten oder -geschichten, ist inzwischen kaum noch denkbar. Wenn auch die heutige Bilderwelt ein unverträgliches, weil unüberschaubares Ausmaß angenommen hat, so geht von ihr dennoch eine Faszination aus, die von der Sättigung des Sehbedürfnisses überflügelt wird.
Bilder sehen, sich von ihnen verführen und die Phantasie oder die Gedankenwelt anregen zu lassen, kann als ein tief verankertes menschliches Bedürfnis angesehen werden. Das legen die frühsten Bilddarstellungen auf Höhlenwänden ebenso nahe, wie erste Versuche, mithilfe von Illuminationen Bilder „hervorzuzaubern“, wie es mit dem Schatten- und Scherenschnitttheater geschah. Durch Lichtprojektionen in Nebelschwaden hinein wurden schon zu Lebzeiten Goethes Licht- und Bildeffekte auf der Theaterbühne erzeugt, die den Eindruck von schwebenden Gestalten erzeugten. Diese sogenannten Phantasmagorien führten dazu, die Laterna magica auch außerhalb des Theaters zu einem Unterhaltungsmedium werden zu lassen. Mit der Bezeichnung „Schreckenslaterne“ fand sie schnell Verbreiterung.
Die Laterna magica ist als das erste technische Gerät anzusehen, mit dem sich Illuminationen verschiedenster Art vornehmen ließen. Farben, Ornamente, Bilder, Bildgeschichten konnten mit ihr auf Leinwänden für ein Publikum sichtbar gemacht werden. Auch die Vortäuschung von Bewegungen war durch verschiedenartige Techniken möglich. Nicht nur technisch ist sie so das Gegenstückt zu Camera obskura, die nur für den „Einmenschbetrieb“ anwendbar ist. Ihr Sie kann als erstes „Massenmedium“ bezeichnet werden, denn ihre Verbreitung im 18. und vor allem 19. Jahrhundert erfasste den Bereich der öffentlichen „Belustigung“ ebenso, wie die Bereiche Wissenschaft, Volksbelehrung und -aufklärung und zunehmend auch die private Unterhaltung von Erwachsenen und Kindern. Mit den Volksbildungsbewegungen vollzog sich Tatsächlich eine Entwicklung, in der die Bildprojektion zum Massenmedium der Wissensvermittlung wurde.
Die Abbildung erscheint unscharf, weil mit einer versetzten Doppeldarstellung ein Raumwahrnehmungseffekt erzeugt werden soll.
Ein personalisierbarer Erfinder ist nicht bekannt. Der deutsche Jesuit Athanasius Kircher stellte 1671 das technische Prinzip und Gerät erstmals in seiner Ars magna lucis et umbrae („Die große Kunst von Licht und Schatten“) vor und trug so zur Verbreitung des Gedankens und zur Herstellung und Nutzung des Gerätes bei. Der dänische Unterhaltungskünstler und Mathematiker Thomas Rasmussen Walgenstein machte auf seinen Reisen durch Europa die Laterna magica bekannt und kann als ihr Namensgeber angesehen werden. Erst mit der Erfindung des Kinematographen verlor die Projektionskunst am Ende des 19. Jahrhunderts ihre Bedeutung. Doch war sie im Privatbereich noch immer vor allem bei Kindern ein sehr beliebtes Gerät, das in einer Schachtel und mit mehreren bunten Glasbildern angeboten wurde und das Heim der Kinder mit magisch bunten Geschichten erhellte.
Die hier vorgestellte Laterna magica ist ein ehemals privat nutzbares Gerät und wurde dem Museum Lichtenberg von einem Besucher 2016 als Spende überlassen.