Objekt des Monats Oktober

Vorlass Wolfgang Bien

Im Juni 2018 erhielt das Museum einen Vorlass von Wolfgang Bien, zu dem ein Paar hölzerne Langlauf-Ski, Sportauszeichnungen, Fotografien von Bauden aus dem Riesengebirge, Postkarten und andere Erinnerungsstücke gehören.

Diese Gegenstände stammen aus der Jugendzeit des Vorlassgebers. Mit seinen Mitschülern aus der Knaben-Mittelschule Lichtenberg, Fischerstraße 36, war er im Rahmen der sogenannten Erweiterten Kinderlandverschickung ab 1942/43 ins Riesengebirge geschickt worden.

Um die Kinder vor dem einsetzenden Bombenkrieg zu schützen, der vor allem Großstädte traf, wurden verstärkt sogenannte KLV-Lager eingerichtet. Hier absolvierten die Schüler in streng geregelten Tagesabläufen Schule, Sport, Mahlzeiten und Freizeit gemeinsam und wurden somit spielerisch auf den Krieg vorbereitet. Im Januar 1945 musste ihr Standort in Lubin geräumt werden. Zunächst gemeinsam begaben sich die Jungen mit ihren Lehrern auf den Treck nach Westen, schlugen sich dann aber, als sie festgehalten wurden, in kleinen Gruppen nach Berlin durch.

Ehemalige Schüler der Knaben-Mittelschule haben im Jahr 2000 ihre Erinnerungen an diese Verschickung aufgeschrieben. Wie in vielen ähnliche Berichten von Zeitzeugen, waren auch die Wahrnehmungen der Lichtenberger Jungs vom Lagerleben überwiegend positiv, im Gegensatz zu den Erinnerungen an den Krieg.

Dass jüdischen Mitschülern die Teilnahme am Verschickungsprogramm verwehrt wurden, findet nicht Erwähnung, denn die Berichte setzen erst 1942/43 ein, als jüdische Mitschüler längst aus den Schulen entfernt worden waren. Allerdings wird auch an die Schulklasse der Mädchen aus der gleiche Schule erinnert, die im KLV-Lager Neugalow/Angermünde untergebracht war. Es wurde am 18. November 1943 von einer Luftmine getroffen. 22 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter 12 Mitschülerinnen.      

Die Exponate zeigen sehr anschaulich Alltagsgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus und seiner zwiespältigen und zynischen Politik: Kindern und Jugendlichen ließ man Fürsorge angedeihen, sofern sie sie laut NS-Terminologie als „rassisch wertvoll“ eingestuft waren. Wer nicht dazu gehörte, wurde ausgegrenzt, unzählige Kinder wurden ermordet. Am Ende war die Diktatur nicht in der Lage, ihre Schützlinge vor dem Krieg zu bewahren. Auch die Lichtenberger Jungen litten Entbehrungen und einige fanden den Tod.

Foto: Museum Lichtenberg

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.