Joachim Lipschitz
*19.03.1918, †11.12.1961
55. Todestag
Der von 1946–1948 als Lichtenberger Stadtrat für Personal und Finanzen wirkende Joachim Lipschitz war schon fünfzehnjährig Mitglied des Jungbanners, der Jugendorganisation des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und des sozialistischen Schülerbundes in der SPD geworden. 1945 trat er in die SPD ein und übernahm in Lichtenberg Parteifunktionen. So war er ab November 1945 Lichtenberger Reichsjugendleiter und stand der SPD Abteilung 17/5 in Karlshorst vor.
In der sich anschließenden Zeit der Auseinandersetzung um die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien gehörte Joachim Lipschitz zu jenen SPD-Mitgliedern, die einer Vereinigung unter Zwang und Dominanz der KPD ablehnend gegenüber standen. Als Kandidat für ein Mandat seiner Partei, die bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung am 20. Oktober 1946 in ganz Berlin als Sieger hervorging, wurde ihm am 16.12.1946 die Funktion als Bezirksrat für Personal und Finanzen übertragen. Die Wahl erfolgte, wie für einige andere Kandidaten auch, im Block und einstimmig.
Zum Bürgermeister war Dr. Helmut Schwenn, ebenfalls SPD, gewählt worden. Im Unterschied zu anderen Berliner Bezirken gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den SPD- und SED- Funktionsträgern in Lichtenberg bis zur Blockade Westberlins weitgehend geräuschlos. Offenbar haben bis in den Juni 1948 hinein die Lichtenberger SED-Vertreter nicht, wie anderswo, ihre enge Verbindung zur sowjetischen Besatzungsmacht genutzt, die zahlenmäßige Dominanz der SPD-Mandatsträger in Lichtenberg durch Einflussnahme von außen zu beschränken. Anders als in vielen Teilen des SPD-Landesverbandes verhielten sich die Lichtenberger SPD- Stadträte auch selbst loyal gegenüber der SED und dem sowjetischen Kommandanten. Erst durch die Spaltung des Berliner Senats im August 1948 und die daraufhin einsetzenden politisch motivierten und durch die sowjetische Besatzungsmacht bewirkten Entlassungen in den Ostberliner Bezirksämtern, war auch die Position von Joachim Lipschitz in Frage gestellt. Wie gefährdet er war, zeigen seine und die fristlose Entlassung von 87 weiteren Lichtenberger kommunalen Beschäftigten am 25. September 1948. In einem Brief des stellvertretenden SED-Bürgermeisters Ernst Arndt werden ihnen sowjetfeindliche Einstellungen vorgehalten. Die Verhaftung von Mandatsträgern in anderen Ostberliner Bezirken bewog Joachim Lipschitz, umgehend in den Westteil der Stadt zu fliehen.
Dort übernahm er bereits am 27. September 1948 in der Moabiter Turmstraße 35 die Leitung einer Beratungsstelle für entlassene städtische Arbeiter und Angestellte. In der Folge bekleidete Joachim Lipschitz in der Westberliner Politik und Verwaltung mehrere herausgehobene Positionen. So war er 1948–1951 Bezirksstadtrat für Finanzen und stellvertretender Bürgermeister in Neukölln, von 1955–1961 Westberlins Innensenator sowie stellvertretender SPD-Landesvorsitzender. Seine persönliche Erfahrung in Lichtenberg beziehungsweise sein Maßregelung veranlassten ihn, in der Zeit der politischen Konfrontation zwischen Ost und West seinerseits zu politisch motivierte Kündigungen von SED-Mitgliedern in Westberliner Bezirksämtern.