Person des Monats September

Rudolf Mandrella – Jurist, wohnte in Berlin-Karlshorst in der Königswinterstraße 24, wurde wegen seines Engagements gegen das NS-Regime ermordet

1902 - 1943

 Rudolf Mandrella wurde am 6. März 1902 in Auschwitz/Oberschlesien als ältester von vier Kindern als Sohn eines Eisenbahnassistenten geboren. Der Vater starb früh. Der Mutter fiel es schwer, sich allein mit den Kindern durchzuschlagen. In Ratibor, wohin die Familie umzog, besuchte Rudolf zunächst die Volksschule, später das Gymnasium, das er 1919 mit dem Abitur abschloss. Er schloss sich der katholischen Jugendreformbewegung Quickborn an, die unter anderem Abstinenz, Kultur, Lebensfreude und eigenständige Lebensgestaltung zum Ziel hatte. Diese Ideale lebte er und er zeichnete sich auch durch eine tiefe Religiosität und große Wahrheitsliebe aus. Nach dem Abitur war er als 17-jähriger an den deutsch-polnischen Auseinandersetzungen als Freiwilliger im „Selbstschutz Oberschlesien“ beteiligt, wobei ihm besondere Tapferkeit nachgesagt wurde.

An ein Universitätsstudium war wegen mangelnder finanzieller Mittel zunächst nicht zu denken. Notgedrungen entschloss sich Rudolf Mandrella, in den Zolldienst einzutreten. 1923, kurz nach seinem Zollsekretärsexamen, ging er auf Anraten von Freunden und Gönnern für ein Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft nach Berlin. Allerdings reichte die Unterstützung durch den Studentenseelsorger nicht aus, weshalb er zeitweilig im Straßenbau arbeitete. Trotz aller Schwierigkeiten legte er im November 1929 das Referendarexamen ab. Mit Auszeichnung bestand er im Juli 1933 die zweite juristische Staatsprüfung. Kurze Zeit später wurde er Gerichtsassessor. Politisch engagierte sich Mandrella von 1930 bis zu ihrer Selbstauflösung im Sommer 1933 in der Zentrumspartei.

1936 heiratete er Maria und Rudolf Mandrella hatten drei Jungen, die 1938, 1940 und 1941 geboren wurden. Eine Wohnung fand die Familie in Berlin-Karlshorst, in der Königswinterstraße 24. Rudolf Mandrella war am Amtsgericht in Berlin-Köpenick angestellt und wurde hier am 1. August 1939 zum Amtsgerichtsrat ernannt. Durch seinen Glauben geriet Mandrella zunehmend in Widerspruch mit der Naziideologie, besonders durch das Verbot und die Zwangsauflösung des Jugendbundes Quickborn im Jahr 1939.

Um einer Einberufung zum Heer zu entgehen, meldete sich Mandrella 1941 freiwillig zur Marine. Nach einer kurzen Ausbildung in Kiel wurde er im Juli 1941 nach Stettin versetzt. Hier wurde ihm eine Verwaltungsabteilung des „Marine-Waffen- und Ausbildungsbetriebes“ unterstellt, wo er zum Marine-Intendanturrat befördert wurde. In Berlin ließ er einen Kreis gleichgesinnter Freunde zurück, bei denen er sich jederzeit aussprechen konnte. Solch einen Freundeskreis fand er auch im Stettiner Pfarrhaus. Sehr bald gehörte er zu den tonangebenden Mitgliedern des Kreises um Kaplan Simoleit. Die Soldaten, die sich ab Sommer 1941 regelmäßig mittwochs bei ihrem Standortpfarrer trafen, vertrauten sich untereinander und auch ihrem Seelsorger. In dieser Gruppe redeten man offen über die tatsächliche Lage und über Sorgen und Befürchtungen, die man hatte. Man sprach über Berichte des Londoner Rundfunks und von Radio Vatikan, über die zunehmende Unterdrückung Andersdenkender und den damit verbundenen Terrorakten der Nazis. Die Äußerungen Mandrellas hatten in diesem Kreis ein besonderes Gewicht. Durch die Gestapo war ein Spitzel in den Kreis eingeschleust worden, der SS-Bewerber Franz Pissaritsch, der eigentlich auf den Provikar der Apostolischen Administratur Innsbruck, Dr. Carl Lampert, der in Stettin weilte, angesetzt war. In der Nacht vom 4. zum 5. Februar 1943 wurde Mandrella von der Gestapo verhaftet und am 6. März nach Berlin überführt, wo er in das Untersuchungsgefängnis in der Lehrter Straße kam.

Seine Verhandlung vor dem Reichskriegsgericht fand am 11. und 12. Mai 1943 in Berlin, Witzlebenstraße (korigiert) statt. Der 41-jährige Rudolf Mandrella wurde wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode verurteilt. In der Urteilsbegründung stand unter anderem, der Angeklagte sei ein „ausgesprochener Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung und Staatsführung“ und habe „in schärfster Weise Maßnahmen der Führung auf politischem und militärischem Gebiet“ kritisiert. In Folge davon seien Soldaten in ihrem „Glauben an den Sieg schwankend“ geworden. Mandrella wurde mit der Feststellung zitiert, es habe „in der Geschichte keine ähnliche Barbarei wie die jetzige deutsche Judenverfolgung“ gegeben. Dies alles sei bei Zusammenkünften katholischer Wehrmachtangehöriger geäußert worden.

Nach der Verhandlung wurde er nach Berlin in das Gefängnis in der Lehrter Straße zurückgebracht. Zu den Dingen, die er nach seiner Verurteilung bekam, gehörten drei kleine Schreibhefte. Ab dem 17. Mai 1943, dem 102. Tag seiner Haft, begann er regelmäßig Tagebuch zu führen. Sein letzter Eintrag erfolgte am 25. August. Da umfasste sein Tagebuch mittlerweile mehrere Hefte.

Die Gnadengesuche Mandrellas und seiner Frau wurden abgelehnt. Am 28. August durfte Rudolf Mandrella noch einmal seine Frau sehen. Sechs Tage später wurde er zur Hinrichtung nach Brandenburg-Görden gebracht. Hier wurde ihm gestattet einen Abschiedsbrief an seine Frau zu schreiben. Er starb am 3. September 1943 unter dem Fallbeil im Zuchthaus Brandenburg-Görden.

In Berlin Köpenick erhielt 1947 der frühere Kirdorf-Platz, an dem das Amtsgericht Köpenick stand, den Namen Mandrellaplatz. Dort erinnert eine Gedenktafel an den aufrechten Katholiken. Die katholische Kirche hat Rudolf Mandrella als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

 

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